Die bereits beschriebene Idee, die Spindel bzw. die komplette Z-Achse senkrecht zur Bearbeitungsfläche unter Zuhilfenahme elektronischer Hilfsmittel einzustellen und dafür SerialComCNC zu verwenden, hat sich bei näherer Betrachtung als Sackgasse herausgestellt. SerialComCNC bietet in der aktuellen Version 2.5.x nicht die Möglichkeit, über das Probe-Interface Messungen an verschiedenen Punkten durchzuführen. Man kann vermutlich über die Makro-Funktionen ähnlich vorgehen, wie unten für OpenCNCPilot beschrieben, das habe ich aber nicht selbst getestet.
Das Programm OpenCNCPilot von Martin Pittermann stellt dem Anwender über die Macro-Funktion die Erstellung eigener Befehlsfolgen zur Verfügung.
Damit ist es ein Leichtes, passende Befehlsfolgen zu definieren, die bei der Messung zur Einrichtung der Spindel helfen. Dazu später mehr.
Zunächst müssen jedoch die Voraussetzungen für die elektrische Erfassung des Moments der Kontaktgabe des Messfühlers mit der Bearbeitungsfläche geschaffen werden.
Mein erster Ansatz, den Messfühler (einen passend gebogenen Kupferdraht) isoliert in der Bitaufnahme der Spindel zu befestigen...
... und mit der Messspitze direkt den Alu-Frästisch zu kontaktieren, hat leider nicht funktioniert. Ich vermute, die Eloxierung des Aluminiums hat den Kontakt verhindert, das Probing hat nicht gestoppt.
Das andere Ende der weißen Messstrippe ist mit dem Probe-Kontakt am GRBL-Controller verbunden.
Da sowohl der Kupferdraht ausweichen konnte, als auch eine gefederte Messspitze zum Einsatz kam, ist nichts weiter passiert, ich hatte genügen Zeit, den Prozess manuell zu stoppen.
Da das Probing zur Einstellung der Z-Achse auf Null problemlos funktioniert, habe ich den Messfühler umgebaut und doch direkt und somit elektrisch leitend in die Bitaufnahme eingespannt.
Als Kontaktfläche dient derselbe Werkzeuglängen-Sensor, der auch für das Nullen der Z-Achse vor dem Fräsen verwendet wird.
Der Sensor besteht aus einem einseitig kupferbeschichteten Stück Platinenmaterial von ca. 0,6 mm Dicke, an das ein abgeschirmtes Kopfhörerkabel angelötet ist, dessen beide Signalleitungen an den Probe-Anschluss des GRBL-Controllers geführt sind. Die Abschirmung ist im Stecker mit Masse der Fräse verbunden um Störungen zu verhindern. Auf der Platine ist die Schirmung ebenfalls angelötet, dient hier aber nur der Zugentlastung. Dieser Teil der Platine ist durch einen Graben in der Kupferfläche elektrisch gegen die Tastfläche isoliert.
Um dieses Platinenstück als Werkzeuglängen-Sensor zu verwenden, wird dessen Dicke entweder mit der Bügelmessschraube oder mittels der von SerialComCNC zur Verfügung gestellten Messmethode bestimmt. Der erhaltene Wert wird in SerialComCNC eingegeben und gespeichert und in zukünftigen Z-Null-Fahrten über den Befehl “UP” (Use Probe) berücksichtigt.
Dieses Verfahren hilft hier allerdings, wie bereits oben erwähnt, nicht weiter, weshalb wir uns dem Programm OpenCNCPilot zuwenden.
Über die Schaltfläche “Macro” werden zwei Makros folgenden Inhalts definiert:
“Probe and set Zero” mit den Befehlen:
sowie “Probe and Stop” mit dem Befehl:
Hilfreich ist ein drittes Makro des Inhalts
mit dem nach Ablesen des Messwertes die Z-Achse wieder um 1 mm angehoben werden kann. Man spart sich auf diese Weise das Wechseln in den Manuell-Modus.
Ablauf der Messung
Makro 1 wird an der höchsten Stelle des Fräsbetts ausgeführt. Dabei wird der Nullpunktsensor auf das Bett gedrückt, so dass er komplett flach aufliegt.
Die Stelle auf dem Sensor, die hier verwendet wurde, sollte man sich merken. Sie wird bei allen nachfolgenden Messungen ebenfalls verwendet, damit eventuelle Dickenabweichungen entlang der Oberfläche des Sensors keinen negativen Einfluss haben.
Das sollte übrigens beim Z-Nullpunkt setzen vor einem Fräsjob ebenfalls berücksichtigt werden. Man kann z.B. mit einem Permanentmarker einen kleinen Kreis auf den Sensor malen, um den Hotspot zu markieren.
Beim Start des Makro 1 fährt die Z-Achse langsam nach unten, bis die Messspitze den Sensor berührt. Die Z-Achse stoppt sofort und der Wert für Z wird im Programm gleich Null gesetzt. Enthält das Makro die dritte Zeile wie oben angegeben, fährt die Z-Achse sofort nach der Nullstellung wieder 1 mm nach oben und man kann sofort die Tastnadel um 180° zur gegenüberliegenden Messstelle schwenken.
Tipp
Verwendet man Tastaturbefehle, ist zu beachten, dass normale Fahrbefehle während der Kontakt zum Sensor noch geschlossen ist, sofort mit ALARM gestoppt werden, denn in
diesem Modus überwacht GRBL den Sensor.
Abhilfe bringen hier die Jog-Befehle von GRBL 1.x. Diese ignorieren den geschlossenen Kontakt. Die manuellen Fahrbefehle in OpenCNCPilot verwenden Jog-Commands von
GRBL 1.1, das funktioniert also.
Jetzt wird der Sensor auf die entgegengesetzte Seite des Fräsbetts gedreht und hier das Makro 2 ausgeführt. Makro 2 fährt ebenfalls langsam die Z-Achse nach unten bis zum
Kontakt mit dem Sensor. Allerdings wird jetzt nicht Z=0 gesetzt, sondern man kann die Differenz zur ersten Messung auf der Z-Achsenanzeige ablesen.
Diesen Wert schreiben wir auf.
Je nach Differenz erkennt man, ob die Z-Achse nach vorn oder nach hinten geneigt, oder - im Bestfall, beide Messungen haben den Wert Null ergeben - dass die Z-Achse senkrecht eingestellt ist.
Hinweis
In der Praxis hat sich herausgestellt, dass die Reihenfolge der beiden Einstellungen wichtig
ist. Beim Verändern der Neigung vorne/hinten verstellt sich die Drehung links/rechts wieder, man startet also mit der Einstellung vorne/hinten und justiert erst anschließend die seitliche Neigung des Frässpindel.
Bei meiner LCF-1 hängt die Spindel vorne nach unten, man muss also zur Korrektur am unteren Ende des Z-Schlittens Blechstreifen oder Ähnliches passender Dicke einlegen. Dazu müssen bei der LCF-1 die beiden Schrauben unterhalb der Linearlagerführungen gelöst werden.
Natürlich sind andere Modifikationen zum Erreichen desselben Effektes denkbar, aber diese Schrauben sind am Einfachsten zu erreichen.
Idealer Weise sollte man die entsprechenden Messungen an mehreren Stellen des Fräsbetts wiederholen. Gegebenenfalls muss man Mittelwerte bilden, wenn sich z.B. unterschiedliche Werte am vorderen und hinteren Ende oder in der Mitte des Fräsbetts ergeben.
Zur seitlichen Justierung der Z-Achse werden die beiden Schrauben hinten unten am Z-Schlitten gelöst (nur gelockert).
Dann kann die Spindelaufnahme vorsichtig seitlich verdreht werden. Ok, da die Schrauben nicht komplett gelockert sind, muss man am besten mit einem Schraubendrehergriff oder Ähnlichem, vorsichtig gegen den oberen Rand der Frässpindel klopfen um eine Änderung der Lage zu erreichen. Man muss bedenken, dass sich die Stellung der Spindel beim anschließenden Festziehen der Schrauben nicht mehr verändern darf, zu locker dürfen die Schrauben also während der Justageprozedur nicht sein.
Das Spiel wird fortgesetzt, bis beide Messwerte auf Null stehen (oder der Unterschied akzeptabel gering ist).
Anschließend werden die beiden Schrauben wieder festgezogen und die Messung wird zur
Kontrolle erneut durchgeführt.
Tipp
Für beide Befestigungen ist es extrem hilfreich, wenn man einen guten T-Griff Inbusschlüssel sein Eigen nennt, denn zumindest um an die Befestigungsschrauben der
Spindelaufnahme zu kommen, muss die Z-Achse fast komplett nach unten gefahren werden. In diesem Zustand hat man keinen Spielraum um einen normalen Inbusschlüssel
zielführend bewegen zu können, man ist dauernd am Umstecken. Auch für die Schrauben unterhalb der Linearlagerführungen ist der kurze Schenkel eines normalen Inbusschlüssels zu kurz.
Bliebe zu erwähnen, dass die T-Nutenplatten der LCF-1 leider alles andere als plan sind.
Die Lichtstreifen unterhalb des senkrecht aufgestellten Stahllineals lassen erahnen, wie krumm die Platten sind.
Hier ein paar Nahaufnahmen vom linken Rand der linken Platte...
... der Mitte der Platte...
... und dem rechten Rand der linken Platte:
Die Sinnhaftigkeit der oben beschriebenen Maßnahme ist also solange fragwürdig, bis man diese Platte irgendwie zu einer Ebene geformt hat.
Im gegebenen Zustand muss man sich immer die Frage stellen, zu welcher “Ebene” denn die Spindel nun eigentlich senkrecht eingestellt wird.
Nachtrag
Genervt durch das immer wieder auftauchende Problem der gewellten Platte, habe ich mich an Fa. Köhler gewandt und mir gegen Einwurf nicht unerheblicher Mengen kleiner Münzen eine passende, plan gefräste T-Nut-Platte auf Maß anfertigen lassen.
Bei der Montage der neuen Platte habe ich dann festgestellt, dass der Rahmen des Untergestells nicht plan eingestellt ist, der Tisch wackelte über die Ecken. Das habe ich also gleich mit behoben.
Viel wichtiger ist aber, dass offenbar die Führungen der X-Achse in der Mitte durchhängen. Ich vermute, das liegt an der sehr schweren HF-Spindel und den vergleichsweise dünnen Achsen auf denen der Y-Schlitten läuft. Die beiden Stahlwellen haben einen Durchmesser von 20 mm, nicht eben zierlich, aber offensichtlich immer noch zu schwach in der Kombination.