Ich kenne von frĂĽher programmierbare Taschenrechner, wobei damals der Programmspeicher nicht in Kilobyte sondern in Programmschritten angegeben war. Ebenso gab es keine Grafikanzeige, die Ausgaben eines Programms mussten als Zahlen, bestenfalls als Texte, erfolgen.
Schlimmstenfalls musste ein Programm immer von Neuem und vor allem in einem Rutsch und fehlerfrei eingegeben werden, Tippfehler wurden mit “Ăśben” bestraft. Bestenfalls gab es die Möglichkeit, die Programme auf externen Medien - z.B. Musik-Kassetten - zu speichern. Zwischen diesen beiden Extremen gab es Taschenrechner, die immerhin eine Ăśberarbeitung des Programmcodes im Rechner erlaubten.
Ich erinnere mich noch an den Kauf eines Programms fĂĽr meinen Casio fx-602P, das mit „Grafikausgabe“ beworben wurde… Ich war ziemlich enttäuscht, als sich diese „Grafikausgabe“ als ein einzelnes Zeichen, ein Punkt in der Mitte des Zeichenfeldes, herausstellte, das ĂĽber die Tastatur des Rechners nur durch ein kleines bisschen Voodoo erreichbar war. Trotzdem lieĂź sich damit z.B. ein recht lustiges, quasi dreidimensionales Rennspiel darstellen.
Auch fĂĽr die Speicherung der einmal eingegebenen Programme war beim fx-602P gesorgt. Mit dem Interface FA-1 konnten Daten und Programme auf einem handelsĂĽblichen Kassettenrecorder abgespeichert und wieder von dort geladen werden.
Nun hat Sohnemann im neuen Schuljahr einen programmierbaren Taschenrechner mit Grafikanzeige bekommen, einen Casio fx-9750 G plus .
Mit dem fx-9750 G plus ist das natürlich alles viel besser, das Teil ist vollgrafikfähig und kann auf seinem LCD-Bildschirm 127 x 63 Punkte in Schwarz-Weiß darstellen. Das entspricht immerhin der Auflösung, die mein erster Homecomputer Video Genie II anno 1982 auf einem umgebauten Schwarz-Weiß-Fernseher darstellen konnte.
Sogar eine Schnittstelle zur Kommunikation bzw. Datenübertragung zu einem anderen Rechner der gleichen Kategorie oder zu einem PC ist bereits eingebaut. Man kann bei Casio für ca. 30€ (Stand 09/2008) das passende Datenkabel kaufen, die Software FA-123 für den PC gibt es als Freeware zum Download.
Dummerweise hat dieses Datenkabel auf der PC-Seite eine serielle Schnittstelle, ein Relikt aus PC-Urzeiten, heute nur noch selten an einem PC zu finden.
Zum Glück gibt es (inzwischen auch für wenig Geld) USB-Seriell-Adapter, die es erlauben, Geräte mit Seriell-Anschluss auch am modernen USB (Universal Serial Bus) zu betreiben. Man könnte also das Original-Kabel von Casio mit so einem USB-Seriell-Adapter verheiraten und hätte damit die Möglichkeit der Kommunikation zwischen Taschenrechner und PC geschaffen.
Natürlich haben wir nach theoretischer Erörterung der verschiedenen Möglichkeiten auch mal das Netz zu Rate gezogen und sind nach kurzem Suchen über mehrere Seiten gestolpert, die den Selbstbau solch eines Datenkabels beschreiben. Allen gemeinsam ist die Realisierung einer seriellen Verbindung, entweder mit einem RS232-TTL-Pegelwandler (MAX 232 oder Derivate) als aktivem Bauteil, mit Operationsverstärkern oder mit Transistoren. Teilweise wird die Energie für die Pegelwandlung direkt aus der RS232-Schnittstelle des Rechners gewonnen, teilweise ist der Anschluss eines externen Steckernetzgerätes vorgesehen.
Soweit vorgebildet ging es in die nächste Runde. Irgendwann ist mir bei den vielen Pegelwandlern (die Schnittstelle des Taschenrechners läuft mit Digitalpegel 5V, die serielle Schnittstelle des Computers mit +/- 12V) ein älteres Projekt eingefallen, bei dem ebenfalls die Anbindung eines ursprünglich für serielle RS232-Kommunikation vorgesehenen Gerätes (der ICD2 für PICs der Firma Microchip) an den Computer mittels USB ein Thema war.
Die Firma FTDI vertreibt USB-Controller, die sich zum unkomplizierten Aufbau von USB -Seriell-Konvertern anbieten. Diese Controller haben den für den hier geplanten Einsatz umwerfenden Charme, bereits TTL-Signale mit 5V Pegel am Ausgang zur Verfügung zu stellen und darüber hinaus die Betriebsspannung für den Konverter aus dem USB zu entnehmen. Ein zusätzliches externes Netzteil entfällt also.
Eine kurze Kontrolle der in der ICD2-Schaltung zur VerfĂĽgung stehenden und der fĂĽr das Casio-Datenkabel notwendigen Signale zeigt, dass die Kommunikation zwischen Computer und Casio Taschenrechner ohne Ă„nderung der bestehenden Schaltung realisiert werden kann.
Genialer Weise lässt sich auf meinem ICD2 der PIC aus seinem Sockel entfernen. In die so frei gewordenen Kontakte des Sockels werden die drei zur Kommunikation mit dem Taschenrechner notwendigen Drähte (Masse, RxD, TxD) gesteckt. Am anderen Ende der Leitung wird ein 2,5mm-Stereo-Klinkenstecker benötigt, der zuerst im Elektronik-Bastelladen um die Ecke besorgt werden muss. Die Hardware war damit einsatzbereit.
Um den USB-Controller am Computer in Betrieb zu nehmen, benötigen wir zunächst den Treiber für den FT 232 BL-Chip. Er kann von der Homepage von FTDI geladen werden.
Man sucht sich den passenden Treiber für sein Betriebssystem auf der Seite heraus. Für die aktuellen Windows Derivate ist das gleich der oberste Link auf die Version 2.04.06 vom 20. März 2008 (Stand 10/2008) und installiert den Treiber. Ist das geschafft, kann das Interface an den Rechner angesteckt werden, der USB-Controller meldet sich am Betriebssystem an und stellt einen Konfigurations-Dialog zur Verfügung, in dem die Parameter des emulierten Seriell-Ports eingestellt werden müssen.
Die Angaben dazu sind dem Handbuch des fx-9750 G plus zu entnehmen:
9600 Baud, kein Parity, kein Handshake.
Die anderen Angaben werden auf der vorgefundenen Einstellung belassen.
Mechanisch gab es noch zwei kleinere Probleme zu überwinden, denn das Plastikgehäuse des verwendeten Klinken-Steckers ist etwas zu dick für den schmalen Ausschnitt am Taschenrechner-Gehäuse, so dass dieses Plastikgehäuse vorläufig abgeschraubt wurde.
Das zweite Problem war der erhebliche Kraftaufwand, der von Nöten war, um den Klinkenstecker erstmals so in die Buchse am Taschenrechner zu stecken, dass auch der korrekte Kontakt zu Stande kam. In der endgültigen Lösung wurde der einzelne, zu dicke Stecker durch ein Adapterkabel von Reichelt ersetzt, dessen Stecker prima und ohne anzuecken in die Buchse am fx-9750G plus passt. Einzelheiten dazu weiter unten...
Softwaretechnisch wurde der Computer mit dem Programm FA-123 ausgestattet, das das Speichern und Laden von Programmen auf den und von dem Taschenrechner erlaubt. Ein einfacher Editor ist ebenfalls enthalten, so dass auch das Editieren von Programmen am Computer erfolgen kann.
Sollte einem der Sinn nach Höherem stehen, also die Absicht bestehen, selbst Programme für den fx-9750 G plus zu erstellen, sollte auf einen anderen Editor mit mehr Möglichkeiten ausgewichen werden. Im Netz sind viele Freeware-Editoren zu finden, von denen einige hervorragende Optionen bieten und die in keiner Weise teuren Kaufprodukten nachstehen.
Sind alle Vorbereitungen soweit gediehen, steht der ersten Kontaktaufnahme zwischen Casio Taschenrechner und Computer nichts mehr im Wege.
bla bla bla ... (hier wird möglicher Weise mal beschrieben, was dabei alles zu beachten ist) ... bla fasel blu bli bla
Nachdem die prinzipielle Funktion des Interface mittels USB-seriell-Umsetzer nachgewiesen ist, habe ich mich an das Design eines dedizierten Interface fĂĽr den Casio fx-9750G plus gemacht.
Heraus gekommen ist diese Schaltung:
Das Layout ergibt sich daraus folgendermaĂźen:
Schaltung und Layout können natürlich wie immer auch als gezippte EAGLE-Dateien geladen werden. Die Schaltung wurde mit EAGLE V5.2 erstellt.
Mit Eagle3D gerendert kann man sich schon mal einen optischen Eindruck davon verschaffen, wie die fertig aufgebaute Schaltung aussehen wird:
Im Original sieht das Ganze dann auch tatsächlich verblüffend ähnlich aus...
Positiv zu vermerken: Bei der Herstellung der Platine wurden die im Layout vorgesehenen Löcher auch tatsächlich gebohrt, obwohl sie von Eagle3D ignoriert oder zumindest nicht dargestellt wurden.
Betriebsbereit verkabelt wird aus der Platine...
...und letztlich noch in durchsichtigem Schrumpfschlauch erdbebensicher verpackt das fertige PrunkstĂĽck:
Den Schrumpfschlauch in durchsichtiger Version habe ich gewählt um die Anzeige-LEDs sehen zu können.
Liefert der USB die Betriebsspannung fĂĽr das Interface, leuchtet die rote LED stetig.
Wenn Daten zwischen PC und Taschenrechner ĂĽbertragen werden, blinkt oder flackert die blaue LED.
Die Suche nach dem ultimativen, selbst geschriebenen Casio fx-9750G plus-Programm kann beginnen... ;-)
Viel SpaĂź beim Nachbau...
Um die Schaltung nachbauen zu können, benötigt man die Leiterplatte, eine Handvoll “HĂĽhnerfutter” (SMD-Bauteile) sowie ein USB-Kabel, eine Stereo-Kopfhörer-Verlängerung 3,5mm Klinke und einen passenden Stereo-Klinkenstecker-Adapter von 3,5mm Klinke auf 2,5mm Klinke.
Alle Bauteile sind bei Reichelt zu beziehen, die Leiterplatte habe ich bei MME-Leiterplatten fertigen lassen.
Hier die vollständige Liste der benötigten Teile:
Zu den beiden Kabeln “AVK 119” und “AK 670/2-2,0” ein Hinweis:
Ich habe die SteckerbestĂĽckung der Kabel so ausgesucht, dass man jeweils ein
Kabel halbieren und somit zwei Interfaces ausstatten kann.
Dazu kommen noch die Kosten der Platine. Hier gilt ein ähnlicher Ansatz wie bei den Kabeln.
Die geringste bestellbare Leiterplattenfläche ist 100 cm² (10cm x 10cm).
Da die Interfaceplatine ca. 49mm lang und 24mm breit ist, passen auf diese Mindestfläche 8 Interfaceplatinen.
Der geneigte Nachbauer hat also 7 Platinen ĂĽbrig oder er sucht sich 7 Kollegen, die
ebenfalls einen Casio Taschenrechner ihr Eigen nennen und das Interface besitzen wollen.
Für die Platine muss man bei Bestellung bei MME-Leiterplatten mit Kosten in Höhe von ca. 29€ (für 8 Interfaceplatinen) rechnen.
Die Leiterplatte selbst kostet 12,90€, der Lötstopplack 11€, der Versand 5€.
(Preise: Stand 10/2008).
Um Kosten beim Nachbau zu sparen, bieten sich zwei Alternativen an:
Der Einsatz des Casio-Interface ist offenbar nicht auf den beschriebenen Zweck beschränkt.
Ein Nachbauer verwendet die Schaltung, um Atmel Microcontroller zu programmieren
bzw. zu debuggen. Einzelheiten kenne ich aber (noch) nicht.
Auch ich verwende das Interface neuerdings um mit verschiedenen Atmel Mega328 und Mega8 zu kommunizieren, die in meinem gerade im Entstehen begriffenen Tricopter eingebaut sind.
Wer plant, die Schaltung mit einen TTL-RS232-Pegelumsetzer zu einem USB-Seriell-Adapter zu erweitern, sollte lieber auf fertige Produkte ausweichen, die heute (Stand 10/2008) in der Regel deutlich preiswerter im Handel zu bekommen sind.
Hier muss ich noch meinen Standardsatz loswerden:
Ich biete weder Bausätze noch Teile noch fertig aufgebaute Schaltungen für die auf meiner Homepage veröffentlichten Projekte an. Jeder Nachbauwillige ist gehalten, selbst aktiv zu werden und sich die Teile zu besorgen. Bezugsmöglichkeiten, soweit mir bekannt, gebe ich jeweils in den Beschreibungen der Projekte an.
Zusätzlich verweise ich auf den letzten Absatz auf meiner Einstiegsseite.