Mein Motorrad hat ein Topcase, das einen ganzen Haufen Zeug schlucken kann. Leider scheint Motorrad-Zubehör – hier im Sinne von Handschuhe, Halstuch, Nierengurt, … – irgendwie immer schwarz zu sein, genauso wie die Innenseite des Topcase.
Im Sommer ist das egal, da scheint fast immer die Sonne, wenn ich mit dem Bike unterwegs bin. Im Herbst oder Frühjahr hingegen ist es schon mal dunkel, wenn ich das Teil bewege und ich habe nicht immer eine Laterne nebenan, wenn ich mich zur nächsten Fahrt rüste. Dazu dann noch nachlassende Sehfähigkeit, geschuldet dem gestiegenen Alter, und schon fängt das Gekrabbel und Getaste in der Kiste an - Unmut kommt auf.
Der naheliegendste Gedanke ist da natürlich sofort, dem Topcase eine Beleuchtung zu spendieren.
Erste Ideen gingen in Richtung kaufbarer Kofferraumbeleuchtungseinheiten aus dem Autozubehörhandel, aber irgendwie brauchen die alle 12 V mit nicht unerheblichen Stromstärken zum Betrieb. Die sind in meinem Topcase erst mal nicht vorhanden, ein Kabel am Topcase anzuflanschen hatte ich auch keine rechte Lust, das würde bis zum nächsten Abbau ohnehin vergessen gehen und abgerissen werden, und für die Realisierung einer zuverlässigen, lösbaren Kontaktiereinrichtung fehlen mir die Möglichkeiten.
Für Batteriebetrieb kam hingegen nur eine moderne LED-Beleuchtung in Frage. Da gibt es Leuchten zum Ankleben mit mechanischem Schalter und sogar welche, die einen Bewegungssensor eingebaut haben. Allen auf dem Markt befindlichen Systemen gemein ist allerdings, dass sie im Innern des Topcase irgendwie befestigt werden müssen, auftragen und dadurch nicht unerheblich Platz weg nehmen. Nicht gut.
Nun ist mein Topcase zweischalig aufgebaut und im Zwischenraum von äußerer und innerer Schale ist ausreichend Platz für alles Mögliche, so auch für eine kleine Schachtel mit Elektronik und einem Akku.
Bei Conrad oder auch Reichelt findet sich eine Batteriehalterung in passender Größe, die wahlweise einen 9 V-Block oder zwei AA-Zellen aufnimmt. Befestigt wird das Kistchen in einem Ausschnitt passender Größe mittels zweier Plastikzungen, der Deckel ist eingeschnappt und alles in Allem lässt sich das Teil wunderbar passend bearbeiten.
In einem anderen Projekt habe ich den 5-poligen StepUp-Converter LT1615 von Linear Technologies verwendet um aus der LiPo-Zellen-Spannung die benötigten 5 V zu erzeugen. Mit der passenden Beschaltung erzeugt der Baustein auch aus 1,2 V deren 12. Die Schaltung mit dem StepUp-Wandler und allem Drumherum für den Betrieb muss so klein werden, dass der Raum in der Batteriehalterung für die zweite, nicht verwendete Mignon-Zelle dafür ausreicht. Das sollte machbar sein, alle Bauteile sind SMD.
Die Schaltung ist unspektakulär:
(Click für größere Darstellung)
Ich habe darauf verzichtet, einen Prototypen zu erstellen und habe direkt die Platine entflochten und bei MME fertigen lassen. Erwartungsgemäß funktionierte alles wie
geplant, wurde die Schaltung doch schon mehrfach bei den sNQs eingesetzt und für gut befunden.
Das Layout stellt sich so dar:
Wie immer noch etwas für´s Auge ;-)
Die Designunterlagen V1 im Eagle V5.2 Format zum Download.
Als Lichtquelle verwende ich einen Abschnitt einer flexiblen LED-Leiste mit drei weißen LEDs. Der in die flexible Leiterbahn integrierte Vorwiderstand erlaubt den Betrieb der drei LEDs direkt an 12 V, das passt also prima. Der LED-Streifen ist selbstklebend und wird auf den Deckel des Batteriekastens aufgeklebt, die Anschlussdrähte werden durch den Deckel und direkt durch das Trägermaterial des LED-Streifens gebohrt, so dass sie von außen nicht sichtbar sind.
Microcontroller und Magnetfeld- oder Beschleunigungssensoren bieten sich heutzutage ja geradezu an um irgend etwas lageabhängig zu schalten. Nicht so hier, da ich vermeiden wollte, dass der Akku der Beleuchtung immer dann leer ist, wenn ich mal Licht brauche. Eine irgendwie geartete Steuerung, die permanent - wenn auch nur ganz wenig - Strom verbraucht um zu funktionieren, kommt nicht in Frage.
Ich habe stattdessen einen altmodischen Quecksilberschalter, ein Glasröhrchen mit zwei eingeschweißten elektrischen Kontakten, die durch eine Quecksilberperle benetzt und verbunden werden können, verwendet, der die komplette Schaltung mit dem Akku verbindet oder sie davon trennt. Dadurch gibt es keinen Ruhestrom und der Akku wird nicht langsam über die Zeit entladen. Verwendet man dann noch einen der modernen NiMh-Zellen mit geringer Selbstentladung (Eneloop ist wohl der bekannteste Vertreter dieser Art), sollten keine unliebsamen Überraschung lauern.
Vor dem Einbau in den Batteriehalter galt es noch die korrekte Lage des Quecksilberschalters zu bestimmen, damit bei geschlossenen Topcase-Deckel das Licht auch sicher aus ist, das war aber kein Hexenwerk. Ich habe den Schalter mit Pattex festgeklebt und bewusst das Glasröhrchen komplett damit eingesudelt, damit es mechanisch stabil ist.
Nachdem alles fertig war stellte sich leider heraus, dass der Quecksilberschalter durch Erschütterungen auch dann kurz schließt, wenn er in Stellung „offen“ gelagert ist und diese kurzen Kontakte ausreichen, den StepUp-Wandler anlaufen zu lassen. Dadurch blitzen die LEDs bei Erschütterungen immer wieder kurz auf. Während der Fahrt wird alles, was sich im Topcase befindet, mehr oder weniger starken Beschleunigungen ausgesetzt die den Schalter mit Sicherheit zum Kontaktieren gebracht hätten. Ãœber kurz oder lang wäre der Akku also trotz echtem Ausschalten dennoch leer gewesen.
Glücklicher Weise hat der verwendete StepUp-Converter einen Enable-Eingang. Mit entsprechender Beschaltung dieses Eingangs sollte es klappen, eine Totzeit zu implementieren, die verhindert, dass der Converter anspringt, wenn nur kurze Spannungsimpulse am Eingang angelegt werden.
Ich habe davon abgesehen, mit den gegebenen Parametern aus dem Datenblatt des LT1615 komplizierte Berechnungen anzustellen und habe kurzerhand ein 10 k-Poti und einen 47 µF Kondensator an den Eingang geschaltet und so lange am Poti gedreht, bis der Effekt meinen Erwartungen entsprach :-)
Die gefundene Einstellung wird ausgemessen und ergibt in etwa Mittelstellung. Ein kurzer Test mit zwei Festwiderständen mit jeweils 10 k führt zu einem befriedigenden Ergebnis. Durch Schütteln lässt sich das Licht nicht mehr einschalten, dreht man die Schaltung von AUS in EIN-Stellung, dauert es etwa 0,5 Sekunden (geschätzt), bis die LEDs leuchten. Bingo!
Die geänderte Schaltung:
(Cllick für größere Darstellung)
Das neue Layout...
... und die mit Eagle3D erstellte und mit Povray gerenderte Ansicht:
Die Designunterlagen V2 im Eagle V5.2 Format zum Download.
In Natura sieht die fertige Schaltung nicht mehr so schön aus:
Da ich die Platine und den Quecksilberschalter bereits in den Batteriehalter eingeklebt hatte, war ich eingeschränkt im Zugriff, weshalb sich die Montage der drei zusätzlichen Bauelemente als recht schwierig erwies. Man sehe mir also bitte die etwas liederliche Ausführung nach.
Bleibt nur noch der Einbau in das Topcase... :-)
Gewitzt durch die Erfahrungen beim ersten Prototyp habe ich noch eine zusätzliche, kleine Änderung eingebracht und ein etwas besser für den Einbau und die Verdrahtung im vorgesehenen Gehäuse geeignetes Layout erstellt.
Der Quecksilberschalter wird bei diesem Design mit zwei Leitungen auf der Platine angeschlossen, muss also nicht mehr frei fliegend verdrahtet werden. Zusätzlich sind die Anschlusspads für den Akku auf die Ecken der Platine gewandert, die den Kontakten im Gehäuse am nächsten sind, und letztlich habe ich die Größe der Platine so gewählt, dass sie nicht mehr mit dem Einbauplatz des Quecksilberschalters tangiert. Alles in allem ist das Ganze dadurch etwas aufgeräumter und einfacher aufzubauen.
Die überarbeitete Schaltung:
(Cllick für größere Darstellung)
Das zugehörige neue Layout:
Und zuletzt die 3D-Darstellung:
Und auch hierzu die Designunterlagen V3 im Eagle V5.2 Format zum Download.
Viel Spaß beim Nachbau!